Urteil: Jogger trägt Mitschuld an Unfall mit Hund
Er wollte etwas für seine Gesundheit tun, doch stattdessen landete er im Krankenhaus. Der Jogger aus Koblenz schnürte seine Schuhe und lief los. Plötzlich tauchte in seinem Blickfeld ein herumtollender Hund auf, der an der Leine hätte geführt werden müssen. Anstatt sein Tempo zu verlangsamen, lief der Mann weiter den Asphalt entlang – und weckte so wohl den Spieltrieb des Vierbeiners. Das Tier lief auf den Jogger zu, sprang an ihm hoch und brachte den Mann zu Fall. Die Folge: Bruch der linken Hand.
Es stellte sich die Frage, ob der Hundehalter für den fehlgeleiteten Spieltrieb seines Tieres bezahlen muss. Die Richter des Koblenzer Oberlandesgerichtes urteilten: Der Sportler hätte sich darauf einstellen müssen, dass der nicht angeleinte Hund unberechenbar reagiert und seine Laufstrecke kreuzen könnte (Aktenzeichen: 5 U 27/03).
Opfer von Hundeattacken
Urteile wie dieses sorgen bei vielen Joggern, Spaziergängern und Radfahrern für Empörung. Sie fühlen sich ungerechtfertigt in die Verantwortung genommen. Wie sollen Opfer von Hundeattacken überhaupt ihr Recht durchsetzen? Eigentlich obliegt es den Haltern, auf ihre Tiere aufzupassen.
„Grundsätzlich sind Tiere im Straßenverkehr so zu führen, dass Verletzungen oder Schädigungen Dritter verhindert werden“, so Roland Huhn, Rechtsreferent beim Bundesverband des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC). Jeder zehnte Deutsche ist Hundebesitzer. Der Deutsche Verband der Gebrauchshundsportvereine fordert Halter dazu auf, auf ihre Tiere zu achten – gerade in Parks: „Frei laufende Hunde sollten einen Jogger nicht durch Jagdtrieb zum Marathonlauf oder durch Anspringen zur Pause zwingen.“
Entfernen vom Unfallort
In vielen Städten gilt im Grünen Leinenzwang. Das Problem ist: Wenn ein Hund beißt oder einen Radler zu Fall bringt, sind die Opfer darauf angewiesen, dass die Halter stehen bleiben und ihre Personalien preisgeben. Schließlich haben Hundebesitzer keine Nummernschilder, anhand derer sie identifiziert werden könnten. „Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort ist eine Straftat, die jedermann zur Festnahme des fliehenden Tatverdächtigen berechtigt“, so Huhn vom ADFC.
Eine leichter umsetzbare und ebenfalls legale Methode sei es, ein Foto aufzunehmen. Der Frühling gilt als Hochsaison für den Konflikt zwischen Menschen und Hund. Nicht nur Jogger sind betroffen, sehr oft auch Radler. In einem aktuellen Fall musste sich das Oberlandesgericht München mit dem Sturz einer Radfahrerin befassen. Die 58-Jährige war in einem Park von einem schwarzen Flat Coated Retriever niedergerissen worden. Sie schlug mit dem Kopf auf Beton und zog sich dabei einen Schädelbruch zu.
Verfahren eingestellt
In ihrem Fall entschied das Gericht gegen die Hundehalterin: Die Haftpflichtkasse musste 40.000 Euro für Behandlungskosten und Verdienstausfall zahlen. Teils haben Zusammenstöße zwischen Hunden und Menschen sogar noch schlimmere Konsequenzen. In Bielefeld kreuzten im vergangenen Jahr zwei Hunde die Fahrbahn eines 90-Jährigen, der mit seinem Rad im Park unterwegs war. Der Rentner wollte bremsen, stürzte und starb an seinen Verletzungen.
Die Staatsanwaltschaft stellte das Ermittlungsverfahren gegen die Hundehalter später ein – „wegen geringer Schuld“. Weil Hundehalter und Erholungssuchende mitunter seit Jahren im Clinch liegen, werden mancherorts drastische Maßnahmen diskutiert. Rund um Frankfurt sind Badeseen für Hunde tabu.
Leinenzwang kontrollieren
Auch wenn die Tiere nichts Böses im Sinn haben, aber viele Passanten mögen die Nähe nicht. Hundesperren einzurichten, dagegen wehren sich die meisten Behörden. Das sei a) unfreundlich und b) schwer durchzusetzen. Lieber sollten die Behörden den herrschenden Leinenzwang sorgfältiger kontrollieren, urteilen sogar bereits Gerichte über das Vorhaben.
Das Zusammenleben zwischen Mensch und Hund ist kompliziert, was sich an diesem Fall zeigt: Ein Fahrradfahrer aus NRW lässt seinen Hund per Leine mitlaufen. Der Klassiker: Es kommt ein anderer Hund auf das Gespann zu, der Radfahrer stürzt. Wer ist schuld? Hier urteilte das OLG Köln: der Hundehalter. Er kann nicht auf Schadensersatz pochen, auch wenn der andere Hund den Unfall verursachte.
Quelle: waz.de – Jonas Erlenkämper